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Haus Dienhart in Piesport an der Mosel

Mosel Loreley Ansicht Giebel Alt Piesport mit St. Michael Ansicht Front St.-Michael-Straße Weintraube St.-Michael-Straße Alt Piesport von oben Teilansicht Schieferdach Piesporter Goldtröpfchen

Kurioses und Interessantes während der Bauzeit



Hochwassermarke in der Scheune
Entsorgung Weinflaschen
Kanonenkugel
Brunnen
Treppe
Hausflur Erdgeschoss
Der Wasserspiegel des Jahrhunderthochwassers:

Als wir das Haus leer räumten, und wir auch die Scheune so langsam frei gelegt hatten von allen Hinterlassenschaften, wunderten wir uns über eine absolut waagerechte Kante oder besser Linie an den Wänden. Es war aber kein Bleistiftstrich, und bei näherem Betrachten erschien es wie eine Linie, die aus Dreck und kleinsten Teilen von Stroh und ähnlichen Ablagerungen zu bestehen schien. Nach oben war sie scharf gezogen, nach unten verlief sie eher schwimmend. Zunächst wollte sich für diese Linie keine logische Erklärung bei uns einstellen. Auch fanden wir diese Kante nirgendwo sonst im Gebäude wieder. Immerhin liegt diese Linie bei rund 2,20 Meter über dem Boden der Scheune. Aber wie so immer lag die Lösung dieses Rätsels viel näher als gedacht - nur kommt man nicht auf die einfachsten Lösungen. Durch Zufall hatten wir später an der Kirche die Markierungen der vielen bedeutenden Hochwasser der letzten Jahrhunderte gesehen und damit fiel es uns wie Schuppen von den Augen: Dies war der Hochwasserspiegel des Jahrhunderthochwassers des Jahres 1993-1994, das auch den Ort Piesport an Weihnachten heimsuchte. Es war eines der höchsten Hochwasser, das die Moselregion erlebt hat und auch das letzte Hochwasser in dieser Art bis heute. Das diese Spur überhaupt noch existierte, hatten wir nur dem Umstand zu verdanken, dass der Winzerbetrieb zu diesem Zeitpunkt bereits aufgegeben war und in den ganzen Jahrzehnten danach die Scheune im Dornröschenschlaf lag. Dieses Zeugnis werden wir lebendig halten und hinter einer Glasplatte konservieren - bis vielleicht ein anderes Hochwasser die Marke wegspült - was wir allerdings nicht hoffen wollen...


Das Geheimnis der Weinflaschen:

Nach und nach bekamen wir das Haus leer. Nachdem auch die Scheune freigelegt war, widmeten wir uns dem ehemaligen Stall und dessen Dachboden. Zu unserer großen Überraschung fanden wir dort ein Depot mit leeren Weinflaschen, die peinlichst genau gestapelt waren und immer mit den Hälsen zueinander lagerten. Dabei blieb kein Hohlraum ungenutzt, denn die Form der Flaschen ergab eine sehr dichte stabile Stapelung. Nach und nach bauten wir also diesen Berg ab und förderten etliche 100 Flaschen zutage, die mehrere Ladeflächen unseres Pritschenwagens füllten. Aber sagte ich eben leere Flaschen? Das stimmte nicht ganz! Es war sehr kurios, denn jede 4. Reihe der Flaschen in der Höhe war waagerecht gerissen und die darunterliegenden Flaschen waren mehr oder weniger mit schmutzigem Wasser gefüllt. Was sollte das denn wieder? War ein Schaden im Dach die Ursache? Doch wie sollte dann das Wasser in die Flaschen kommen und wieso waren diese Flaschen waagerecht gerissen? Wir räumten weiter den Dachboden leer, gossen das Wasser weg und brachten alle Flaschen zum Container. Später wurde mir klar, was für ein Wasser wir weggegossen hatten und warum die Flaschen auf diese besondere Art gerissen waren: Auch hier war das besagte Hochwasser von 1993-1994 schuld. Der Wasserspiegel stand seinerzeit bis zur vierten Flasche hoch im Dachboden und flutete so die gestapelten Flaschen. Die halbvollen Flaschen froren später in den Wintern ein und der Eispfropfen sprengte die Glasflaschen der Länge nach. Das Wasser lief danach aus, sobald das Eis im Frühjahr taute. Nur die Flaschen, die weniger als halbvoll waren, überlebten die Frostzeit, denn hier wich der Eispfropfen nach oben aus und zerstörte nicht die Glasflasche. Durch die enge, fast abgedichtet zu bezeichnende Lagerung konnte das Wasser in den Flaschen nicht verdunsten und erhielt sich so über Jahrzehnte. Wir haben also 20 Jahre altes Hochwasser aus den Flaschen gekippt. Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir ein Fläschchen aufgehoben...


Die eiserne Kugel:

Während der Rohbauarbeiten wurden Teile des alten Schiefermauerwerks erneuert. Dazu gehörte auch eine Wand zwischen dem alten Kelterhaus und der Scheune, die in früheren Zeiten, also noch zu Zeiten der Nutzung als Zollstation, eine Außenwand war. Dies war bis zu der Zeit, zu der Napoleon von Frankreich her einmarschierte. Erst danach, also nach der Landreform, wurde mit der neuen Nutzung durch die neuen Eigentümer zunächst die Scheune und später dann der Stall angebaut. In dieser ehemaligen Außenwand fand ich einen Riss, der mittig einen größeren Ausbruch im Schiefermauerwerk hatte, wobei dieser schon mal vor langer Zeit dürftig repariert wurde. Die Überraschung war groß, als ich bei der Reparatur auf einen metallischen Gegenstand im Mauerwerk stieß. Ich legte dieses Stück Metall frei und fand eine Kugel mit ca. 8 cm Durchmesser. Die Art, wie die Kugel im Mauerwerk steckte und die Tatsache, dass es einen Trichter gab, lässt die Vermutung zu, dass es hier um ein militärisches Geschoss, also vermutlich um eine Kanonenkugel geht, welche vielleicht von den Truppen Napoleons Anfang des 19. Jahrhunderts eingesetzt wurde. Ein weiteres schweres Stück Geschichte dieses Hauses...



Wasser aus der Tiefe:

Eine unserer ersten Arbeiten nach der Freilegung des Hauses von allen Hinterlassenschaften war die Ausschachtung des Erdgeschosses. Wir schachteten in allen Räumen den Boden aus und legten so die Räume zunächst rund 60 cm tiefer, um dort später eine Drainage und Wärmedämmung einbauen zu können. Im vordersten Raum, der die Cateringküche beherbergen soll, stießen wir nach guten 40 Zentimetern auf eine kreisrunde Abmauerung, die zur Hälfte unter unserer Außenwand lag. Die sichtbare Hälfte war mit einer großen Schieferplatte abgedeckt. Nach weiterer Freilegung fanden wir heraus, dass sich dieses Mauerwerk nach unten fortsetzte. Wir hoben dann mit mehreren Leuten die Schieferplatte herunter und fanden einen intakten Brunnen, der ca. 4-5 m tief war und mit klarem Wasser gefüllt ist. Das war in sich bereits eine Überraschung, nur warum war dieser Brunnen halb durch das Gebäude überbaut worden? Die Lösung fand sich auch hier sehr viel später. Erst mit fortgesetzter Forschung am Gebäude stellten wir fest, dass das heute bestehende barocke Anwesen aus mehreren, zumindest aber zwei, schon früher gebauten Gebäuden besteht, die ca. um 1640 zu einem großen Gebäude vereinigt wurden. Dabei hat man damals die Fluchten der bestehenden Gebäude aufgegriffen und daraus die heutigen Außenkanten geformt. Der von uns gefundene Brunnen lag also seinerzeit vor dem bestehenden kleinen Haus im Außenbereich. Die Linien, die sich aus dem zweiten Bauwerk, dem noch heute zu erkennendem Zollturm und dem kleinen Haus, ergaben, schnitten über den Brunnen hinweg. Dies störte die damaligen Baumeister wenig, denn sie bauten den Brunnen zurück bis auf das Bodenniveau des Erdgeschosses und mauerten über den Brunnen hinweg die neue Außenwand. Dieser verschwand dann unter einem Holzboden für die nächsten Jahrhunderte, bis wir ihn fanden. Selbst die Vorbesitzer hatten diesen Brunnen nie gesehen, wussten aber aus Überlieferungen der Vorfahren, dass es diesen Brunnen geben sollte. Die Ahnen hatten recht...


Der Weg nach oben:

Als ich das Haus kaufte, kam man über eine schmale Treppe im Eingangsbereich in das Obergeschoss. Es war aber sofort erkennbar, das es sich bei diesem Aufgang nicht um den originalen Weg nach oben handeln konnte. Es war leicht zu sehen, dass für diese - wohl aus einem anderen Haus stammende Treppe - eine Wand abgebrochen und versetzt neu aufgebaut wurde. Auch waren die Deckenbalken nur notdürftig unterfangen worden, was zur Folge hatte, dass der Dielenboden im Bereich der Treppe leicht nachgab, wenn man darüber lief. Aber wo war denn der Ort der ursprünglichen Treppe und warum wurde diese verlegt? Der alte Zugang zu dem Obergeschoss fand sich auch mal wieder rein durch Zufall und somit auch die ganze logische Geschichte dazu. Als seinerzeit um 1640 das barocke Gebäude erstellt wurde, hat man auch das Kreuzgewölbe erbaut, ebenso das damalige vermutliche Zollbüro. Die Vermutung, dass es sich um ein Zollbüro handelte, liegt nahe, wenn man sieht, dass hier eine Ladentheke mit Klappläden besteht, direkt hinter dem Hauptzugang gelegen. Auch heute noch findet man ähnliche Konzepte bei öffentlichen Gebäuden wie z.B. Rezeptionen. Von diesem Raum aus kann man in das Kreuzgewölbe eintreten. Hier wurden vermutlich früher die Wegezölle abgerechnet wie auch die Zehnte. Diese wurden dann unserer Vermutung nach in den Speicher- und Lagerflächen über alle Etagen eingelagert. Und hier findet sich dann auch die Erklärung, warum genau in diesem Zollbüro auch der ursprüngliche Zugang zu finden ist in die oberen Etagen. Es war der direkte und damals zentralste Weg. Wir fanden unter dem Putz des Raumes und der Decke eine zugemauerte Wandöffnung, die unten eine stark ausgetretene Sandsteinstufe besitzt, und nach oben in der Decke mit einem Wechsel eine ausreichende Öffnung ergab. Hier war also eine vermutlich hölzernen Treppe an das Mauerwerk des Gewölbekellers angelehnt und wurde dann mit zwei Steinstufen fortgesetzt. Von dieser Ebene gelangte man dann mit zwei weiteren Stufen in das alte Obergeschoss. Die zuletzt bestehende Treppe wurde im 19. Jahrhundert eingebaut, als man das Gebäude umnutzte zum Winzerbetrieb. Damals trennte man die oberen Wohnräume von den betrieblichen Flächen ab und wollte auch nicht mehr diese durchlaufen müssen, wenn man die Etagen wechseln wollte, die nun reinen Wohnzwecken dienten. Der Raum, der als Zollbüro gedient hatte, wurde später ähnlich gut genutzt - als Hofladen zum Verkauf der eigenen Waren. Wir fanden hier einen Schrank zur Aufbewahrung von geräucherten Waren, alte Sauerkrautfässer und mehr...


Schiefe Böden:

Während der genauen Bestandsaufnahme des Gebäudes stellte ich im Erdgeschoss fest, dass sich von einer Seite des Hauses zur anderen ein mehr oder weniger starkes Gefälle vorfand. Die angrenzenden Räume neigten sich stets zur Türe, während der Flurboden zur Mosel hin Gefälle hatte. Es erschien mir unwahrscheinlich, hinter dieser Tatsache handwerkliche Ungenauigkeit zu vermuten, denn die Wände waren alle recht ordentlich im Lot erstellt. Also musste es einen Sinn haben. Und dieser lag mal wieder ganz im Praktischen: Wasser ist der Grund, denn wenn man die Räume reinigen wollte, sei es nur im Alltag oder besonders nach einem Hochwasser, so musste mit viel Wasser der Schlamm aus dem Haus gespült werden. Und da war das Gefälle eben sehr hilfreich, denn so floss das Spül- und Putzwasser von alleine direkt zu Tür hinaus und ab in die Mosel. Somit war viel Mühe gespart und die schrägen Böden gut vertretbar...




Und so gibt es noch einige Geschichten, die wir Ihnen gerne erzählen bei einem guten Glas Wein aus Piesport an der Mosel...

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