Startseite
Zurück

Haus Dienhart in Piesport an der Mosel

Mosel Loreley Ansicht Giebel Alt Piesport mit St. Michael Ansicht Front St.-Michael-Straße Weintraube St.-Michael-Straße Alt Piesport von oben Teilansicht Schieferdach Piesporter Goldtröpfchen

Zur Geschichte des Hauses


Die Geschichte zu diesem Haus ist sicher viel größer und vielseitiger, als es mir möglich ist, hier zu schildern. Ich berichte sicherlich lückenhaft und mitunter auch nur auf Hörensagen, was auch Fehler zulässt. Deswegen bin ich dankbar um jede Verbesserung und Ergänzung zu meinem hier dargestellten Wissen und freue mich auf alles Neue zum Ehemaligen.

Das Gebäude als solches  -  so in der Form wie heute zu sehen - stammt aus der Zeit des Barocks und wird von den Fachleuten des Denkmalschutzes auf das Jahr 1640 geschätzt. Belegen konnte ich die Jahreszahl leider bis jetzt nicht, es hat sich keine Jahreszahl am oder im Gebäude an Stürzen oder Gesimsen gefunden. Festmachen kann man es nur an der Bauform selbst und den Formen und Materialien, die zu der Zeit Gang und Gäbe waren.

Doch das war nicht der Ursprung des Gebäudes oder Teilen davon. Dieser ist sicher noch deutlich früher anzusiedeln. Ich hatte bei dem Aufmaß des Gebäudes bereits festgestellt, das der Grundriss des Erdgeschosses nicht zusammenhängend ist. Auch ein alter Lageplan aus den 19. Jahrhundert zu dem Grundstück wies eine Besonderheit aus. Hier war der heutige Treppenturm 2 noch auf einem separaten Grundstück dargestellt, wobei dieses bereits als angebunden, also wie eine Fläche, markiert war. Der Turm wurde zu einem späteren Zeitpunkt an das Kreuzgewölbe angebaut, vermutlich um 1560 bis 1580. Die Türe in der ersten Ebene des Turmes, sie diente einstmals den Zöllnern zur Kontrolle der Fuhrwerke von oben herab, zeigt Ausschmückungen des beginnenden Barocks und der endenden Renaissance.

Bei genauer Betrachtung des Bestandes sieht man auch, das das Kreuzgewölbe als eigenständiges zweigeschossiges Gebäude vor dem Turm errichtet wurde und älteren Datums ist. Kreuzgewölbe wurden bereits weit vor dem Barock erstellt. Eine Erstellung in der Renaissance ist sehr naheliegend, denn die Form des hinteren Zugangs zum Gewölbe in Form eines Rundbogens aus Sandstein spricht für diese Datierung. In der Renaissance wurden Formen der Antike wiederholt und neu kombiniert und ein solcher Rundbogen entspringt der Romanik. Somit könnte unser Kreuzgewölbe samt dem darüber liegendem Raum im Zeitraum zwischen 1450 und 1550 n.Ch. entstanden sein. Der rechte Teil der Umfassungswände des Gewölbes dürfte ebenfalls zu dieser Zeit entstanden sein, da hier die Fundamente tiefer reichen als im linken Teil. Diese sind bereits mit Mauerkonsolen ausgestattet, die dann den Enden der Gewölbebögen als Auflager dienen.

Der linke Teil des heutigen Kreuzgewölbes war aber bereits davor entstanden und wurde nur umgebaut und erweitert. Bei dem Ausbau des Gewölbes zu einem Teil der Eventfläche legten wir diesen Bereich tiefer und fanden unter der Mittelsäule Fragmente von Fundamenten, die deutlich machten, dass hier eine Raumteilung bestanden haben musste. Die Säule des Gewölbes wurde nur darauf aufgebaut. Als wir die vom Moselschlamm und von Schwefel schwarzen Wände mit dem Hochdruckreiniger säuberten, kamen weitere Hinweise dazu, die nun den ersten Fund deutlich bestätigten. Wenn man im Raum Richtung Mosel steht, sieht man jetzt an der linken Wandfläche Auflagerlöcher für eine Balkendecke. Darüber sind Wandflächen ehemals verputzt worden. Es wurde bei der Reinigung auch deutlich, dass das Gewölbe allseitig wie auch die Rundbogenöffnung zur Mosel hin später eingefügt wurden. Die niedrige Deckenhöhe und der fehlende Putz sprechen für Wirtschaftsräume, möglicherweise auch einer alten Stallung. Darüber könnte es sich früher um Wohnräume gehandelt haben. Diese müssen ebenfalls recht niedrig gewesen sein, denn deren Mauern ließ man stehen und baute darauf mit Fachwerk und neuerem  -  unverputzten - Mauerwerk weiter. Dies erklärt sich mit Teilen des ehemaligen Kelterhauses oberhalb des Gewölbes, wo dies vor dem Umbau noch zu sehen war. Mit dem Einbau des Gewölbes wurde also damals auch der Grundriss aufgestockt. Da nur ein großer Raum unten und oben entstanden sein dürfte, spricht es für die Annahme, dass zu diesem Zeitpunkt also die Umnutzung zum Kontor erfolgte und das Kreuzgewölbe gebaut wurde, um die hohen Lasten von Getreide und anderen Zehnten Teilen zu tragen.

Ein zweites Gebäude in direkter Nachbarschaft zum Kreuzgewölbebau gab es in diesem Zusammenhang auch noch, dieses dürfte wahrscheinlich der Unterbringung des Personals zum (Zoll-)Turm gedient haben oder der Bewirtschaftung des Kreuzgewölbebaus, der vermutlich bereits damals zu Lager- und Speicherzwecken diente. Dieses Gebäude umfasst den heutigen Bereich Rezeption und Treppenhaus 1, sowie Buffetraum. Dieser Umstand wurde sichtbar während der Bauzeit, nachdem wir den alten Putz entfernt hatten. Die Eingangstüre zum heutigen Buffetraum und damaligen Wohnzimmer war mit einer Holzverkleidung versehen. Darunter fanden wir ein intaktes Sandsteingewände mit Anschlag und Angeln, wie es bei Haustüren üblich war. Leider war auch hier keine Inschrift zu finden, die weitere Rückschlüsse möglich gemacht hätte. Ein weiterer Hinweis fand sich in der ehemaligen Giebelwand dieses Gebäudes. Hier legten wir eine Feuerstelle frei, die im Zuge der Umnutzung 1640 zugemauert wurde. Diese Situation ist auch zukünftig noch zu sehen, wenn Gäste sich die Teller füllen im Buffetraum. Wenn man genau hinschaute, ließ sich in der Außenwand zur Kirche hin auch eine Umgestaltung feststellen. Der Baumeister, der das Gebäude im Barock umbaute, gestaltete die Fensteraufteilung neu- wir fanden die alten zugemauerten Öffnungen und auch die typischen Spuren von Aufbrüchen neuer Fenster am bestehenden Mauerwerk. Im zweiten Geschoss fanden sich diese Spuren übrigens nicht. Deswegen ist davon auszugehen, dass es sich mal um ein eingeschossiges Gebäude mit Giebeln von Mosel zum Berg hin gehandelt haben muss. Die Deckenbalken über dem Erdgeschoß belegen nochmals genau diese These, denn sie verlaufen unterschiedlich in der Ausrichtung und sind unterschiedlich in der Beschaffenheit. Dies deutet auf einen späteren Zusammenschluss der Gebäude hin.

Wenn es um das Alter des 2. Gebäudes geht, so könnte man dies an einigen Deckenbalken festmachen, die im Fachwerk des Hauses neu verwendet wurden. Die im frei sichtbaren Bereich verzierten und stärker werdenden Balkenköpfe zeigen ihre ehemalige Verwendung und zeitlichen Ursprung. Diese dürften vermutlich aus dem alten Dach und der Geschossdecke stammen, denn früher wurde stets wiederverwendet, was vorhanden war. Material war früher kostbarer als der Lohn der Verarbeitung, genau anders herum wie heute. Meine Vermutung liegt aufgrund der Ausgestaltung der Köpfe auf eine Herstellung um 1550, während der Renaissance. Somit könnte dieses erste Gebäude rund 90-100 Jahre älter sein wie das spätere Barockgebäude. Diese Annahme spricht auch für eine gleichzeitige oder zumindest unmittelbare Errichtung mit dem Kreuzgewölbebau.

Vor dem damaligen Gebäude, quasi in Verlängerung der Außenwandachsen von Turm und 2. Gebäude, fanden wir bei der Tieferlegung des Erdgeschosses einen Brunnen. Auch dieser ist deutlich vor der Zeit des Barockanwesens entstanden. Er war ursprünglich vor dem Gebäude als freistehender Brunnen errichtet worden, ist aber wohl im Zuge des großen Umbaus um 1640 bis unter den Erdgeschossboden eingerissen und schlichtweg überbaut worden. Er blieb dennoch nutzbar, wenn auch nur in einem schmalen Bereich. Dies war sicher auch Absicht, denn der nun neu entstandene Raum wurde ab dem 17. Jahrhundert als Küche genutzt, gut festzustellen an den reichhaltigen Ruß- und Fettspuren an den Deckenbalken dieses Raumes.

Das Alter des Brunnens ist nicht datierbar. Er ist kreisrund angelegt, aus Schiefer gemauert und ungefähr 5 Meter tief. Vermutlich ist er aber in der Renaissance oder noch früher erbaut worden, denn es fanden sich bei den Arbeiten an der Kanalisation im Haus, sowie vor dem Gebäude und im Hof weitere Mauern, die nicht zu dem jetzigen Grundriss des Hauses gehörten. Im Hof wurde in rund 2 Metern Tiefe eine Mauer gefunden, die sicher zu einem wesentlich älterem Gebäude gehört hat und noch deutlich tiefer reichte wie von uns freigelegt. Auch war das ursprüngliche 2. Gebäude tiefer als gedacht. Hier stellten wir bei unseren Arbeiten fest, das hier früher darunter ein weiteres Geschoss vorhanden war. In den Wänden fanden wir Balkenauflager vor. Die vermuteten Fundamente erwiesen sich als Wände. Es kann also davon ausgegangen werden, dass sich das umliegende Gelände mit Ablagerungen der Mosel nach und nach gehoben hat. Die Verfüllung des Kellers war sicher eine Maßnahme gegen die Unbilden der Mosel, bzw. dem zwischenzeitlich gestiegenem Wasserspiegel.

Dem Raum direkt gegenüber der alten Küche samt Brunnen liegt ein weiterer, 1640 n.Ch. neu entstandener Raum mit besonderer Funktion. Die Rede ist von dem einstigen Zollbüro, welches direkt links hinter dem Eingang lag und mit einer Theke zum Durchgang ausgestattet ist. Hier mussten die Menschen früher ihren Wegezoll oder zehnten Teil abliefern, dieses wurde hier notiert und dann eingelagert im Kreuzgewölbekeller, sowie darüber in dem großen Lagerraum. Unten war also das kühle leicht feuchte Lager für verderbliche Waren, oben das für trockene Güter. Vermutlich hat sich hier die Funktion nicht geändert, hier wurde nur ergänzt.

Das restliche Gebäude über dem 1. Obergeschoss wurde zusammenhängend im Barock errichtet als Fachwerkkonstruktion. Der überwiegende Baustoff war hier Eichenholz, lange Balken und die Deckenbalken waren in Fichte ausgeführt. Im 2. Obergeschoss waren im ersten Drittel zur Kirche hin Gesinderäume untergebracht und der Räucherraum, diese Bereiche waren mit Lehmwickeln im Fachwerk und der Dachschräge gefüllt, alle anderen Fachwerke wurden mit Schiefer und Kalkmörtel geschlossen. Die restliche Fläche diente als Kornspeicher. Hier war der Boden mit einer Mischung aus Lehm und Kalk geglättet, aufgebaut wie heutige Estriche.

Darüber befanden sich in der Mansarde noch zwei weitere Etagen, die der Unterbringung von Stroh dienten. Auch waren hier Vorkehrungen zur Trocknung zu finden, was aber sicher insgesamt der späteren Nutzung zuzuordnen ist.

Mit der Landreform durch Napoleon wurde das Anwesen den alten Eigentümern enteignet und neu veräußert an eine Winzer- und Bauernfamilie. Es war die Zeit der Säkularisation unter Napoleon des Ersten, in der er 1794 auch Piesport und das linke Rheinland besetzte und das Departement „Moselle“ gegründet hatte. In rücksichtsloser Härte ging er gegen den Adel und besonders gegen den Klerus vor. In Frankreich, wo schon die Revolution (1789) die Kirchengüter säkularisiert hatte, forderte er nun auch in „Moselle“ die Aufhebung der geistlichen Fürstentümer, die der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 dann auch für Trier vollzog.

Die neuen Eigentümer, Vorfahren der Dienharts, erwarben das Anwesen per Ersteigerung und nutzen das Gebäude fortan als Winzer und Bauern. Dazu waren einige Umbauten notwendig, die die neue Nutzung für Wohn- und Betriebszwecke mit sich brachte. Der große Lagerraum über dem Kreuzgewölbe wurde fortan als Kelterhaus genutzt, das Gewölbe darunter zur Lagerung des erzeugten Weins. Um aber keltern zu können, also die Trauben in den Lagerraum zu schaffen, fehlte der Zugang im Außenbereich. Also wurde hier eine Öffnung geschaffen, verschlossen mit einfachen Klappläden. Der alte Zugang vom Zollbüro aus wurde geschlossen und dieser Raum diente nun als Hofladen zum Verkauf eigener Erzeugnisse. Da nun der Zugang in die oberen Geschosse fehlte, bauten die neuen Besitzer in den schmalen Flur eine Nische ein, die das Gewölbe schmälerte. Sparsam wie man eben sein musste, wurde eine gebrauchte Treppe angepasst an die vorhandene Situation. So ging also von der Treppe eine Tür ab in das Kelterhaus und mit Ende dieser Treppe stand man im Flur des Obergeschosses und konnte alle Wohnräume erreichen. Mit dieser Maßnahme trennte man Wohnen und Arbeiten voneinander ab.

Auf den Zeitraum nach 1800 n.Ch. ist auch die Scheune zu datieren. Sie wurde auch durch die neuen Eigentümer angebaut. Diese öffneten zu diesem Zweck einen Teil des durchlaufenden Mansarddaches und verwendeten die Sparren für die Decke der Scheune. Im Erdgeschoss wurde auch hier massiv gebaut, ab dem Obergeschoss auch wieder in Fachwerkbauweise, jedoch ohne Ausfachung. Die Giebelflächen wurden nach Westen verschalt und verschiefert, im Osten gegen die Wettereinflüsse lediglich verbrettert. Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt wurde die Heugaube in das Mansarddach eingesetzt. Der spätere Einbau ist gut nachzuvollziehen, da die Verzapfungen der zuvor dort eingelassenen Sparren noch bestehen. Sie wurde sicher aufgrund der neuen Nutzung als Kornspeicher und Lagerplatz von Heu und Stroh eingebaut.

Der Stall wurde nochmals später angesetzt, sicher nach 1850 n.Ch., denn hier verbaute man bereits eine einfache Art Leichtbeton als Kappendecke zwischen Eisenträgern. Erst ab 1850 wurde Zement für die Herstellung von Beton in Deutschland hergestellt.

Als letzter Anbau darf das Backhaus samt dem dazugehörigen Kamin gelten. Dieses Backhaus mit darunterliegendem Schweineställchen wurde bereits aus normierten Ziegeln gefertigt. Diese waren verfügbar ab 1872, als diese als "Reichsformat " festgelegt wurden und sich anschließend allgemein aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verarbeitbarkeit durchsetzten. Das Backhaus war recht groß ausgelegt, und so ist davon auszugehen, das hier nicht nur die Eigenversorgung im Vordergrund stand, sondern auch der Verkauf im Hofladen mit ein Grund für die Erstellung war.

Interessant ist noch, dass bis 1920 das Gebäude vollkommen frei gestanden hat. Lediglich im vorderen Bereich existierte eine zweigeschossige Scheune, die heute ebenfalls zu Gästewohnungen umgebaut ist. 1920 wurde die gesamte Giebelseite durch ein neue Nachbarbebauung verschlossen. Zeugen sind dafür einige zugemauerte Fenster in der Giebelseite von Haupthaus und Scheune. Warum später der Giebel durch ein neues Gebäude zugemauert werden durfte, ist nicht geklärt. Hierzu wurden keine Absprachen notiert.

Unsere Nachbarn berichteten davon, dass um 1900 das Erdgeschoss in Teilen (heutiger Buffetraum, Catering, Treppenhaus 1 sowie Rezeption) als Gaststätte genutzt wurde. Diese Nutzung dürfte Anfang bis Mitte der Dreißiger Jahre jedoch ausgelaufen sein. Aus dieser Zeit der Nutzung als Kneipe stammen noch die beiden kleinen Verbindungsfenster zum ehemaligen Gastraum, durch die das Personal Essen reichen konnte sowie sauberes Geschirr nachlieferte.

Das Weingut wurde an diesem Standort bis 1975 bewirtschaftet durch die Besitzerfamilie. Ackerbau und Viehwirtschaft hatte man bereits früher aufgegeben. Danach diente es nur noch zu Wohnzwecken. Zuletzt wurde das Gebäude nur noch von einer Frau, Elisabeth Dienhart, bewohnt. Sie verstarb kinderlos und vererbte es an 4 Kinder ihrer Geschwister. Nach ihrem Tod blieb das Haus unbewohnt. Alle Erben hatten eigene Häuser und so begann der zwangsläufige Verfall des Anwesens.

2009 stand das Gebäude zum Verkauf. Das Gebäude war zwischenzeitlich unter Denkmalschutz gestellt worden aufgrund seiner besonderen Lage und Geschichte. Der Zustand war zwischenzeitlich sehr bedenklich, teilweise bereits baufällig. Eindringendes Regenwasser hatte erheblichen Schaden aufkommen lassen, ebenso die Winterzeiten, in denen das Gebäude unbeheizt war.

Im Jahr 2009 wurde dann der Verkauf an die Familie Coulon notariell abgeschlossen. Ab hier beginnt das neue Leben dieses ehrwürdigen und geschichtsträchtigen Anwesens mit neuem Nutzen durch die Ferienwohnungen samt Eventfläche, in der Hoffnung, noch über viele neue Generationen hinweg bestehen zu dürfen.


AGB Zum Seitenanfang Impressum