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Haus Dienhart in Piesport an der Mosel

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How to make...


...Lehmwickel

Jeder, der eine alte historische Decke oder Wand in Lehmbauweise reparieren oder wiederherstellen muss, benötigt nicht viel. Ausgangsstoff ist immer Lehm, der die Besonderheit hat, nicht hydraulisch abzubinden, sondern nur mechanisch. Das klingt recht fachchinesisch, ist aber schnell erklärt: Zement wird angemischt und härtet aus und damit bleibt er so, weil eine chemische Reaktion Verbindungen schafft, die sich nicht mehr lösen im Normalfall. Lehm dagegen ist mit Wasser immer wieder lösbar und behält seine Form rein durch die Trocknung. Er erstarrt letztendlich nur. Damit ist Lehm ungeschützt nur im Innenbereich verwendbar, kann nur verhältnismäßig geringe Drucklasten aufnehmen und schwindet bei der Trocknung, einfach gesagt, er entwickelt Risse bei zu dickem Auftrag. Aber Lehm ist immer wieder verwendbar als Baustoff, auch nach Jahrhunderten. Falls also alter Lehm anfällt durch den Abbruch, verwenden sie ihn wieder - das spart Geld und sie verwenden einen originalen Baustoff.

Als weitere Materialien benötigen sie Hölzer in der Decke oder Zweige in Fachwerkwänden als Stützgerüst. Nun braucht Lehm noch eine feinere Armierung, um nicht zu reißen. Im Unterbau verwendet man Stroh, je feiner die Schichten werden sollen, werden es Strohschnipsel bis hin zu Flachs an den glatten Oberflächen. Heu wird bei den Lehmwickeln verwendet, da es im trockenen Zustand immer noch biegsam ist im Gegensatz zu Stroh. Wasser ist noch mit der wichtigste Faktor bei der Lehmverarbeitung. Die Menge des Wassers bestimmt ausschließlich die Verwendbarkeit - da müssen sie ein „Händchen“ für entwickeln, wie man so sagt, sprich: es im Gefühl haben, wann die Mischung passt. Aber nun zurück zum Lehmwickel:

Das Prinzip des Lehmwickels funktioniert recht einfach. Der Lehm soll das Deckenfeld zwischen zwei Balken ausfüllen. Ein Wickel lässt sich gut herstellen mit einem Durchmesser von 12-15 cm. Bei einem Deckenbalken von meist 18-20 cm Höhe ist somit noch Platz genug für einen Lehmputz unterhalb und einer Schüttung oder Lehmverstrich oberhalb vor dem Aufbringen von Bodenbrettern oder Dielen. Stärker sollte der Wickel nicht werden, da er sonst gerne auseinander fällt.

Schritt 1:

Suchen sie zunächst aus dem Bestand ein passendes Wickelholz heraus oder schneiden sie sich ein passendes Holz zurecht und spitzen sie die Enden keilförmig. Das Holz ist in der Regel nicht breiter als 5 cm und ungefähr 3 cm stark. Meist ist es gespaltenes Holz, was sich auch besser eignet als gesägtes Holz. Achten sie darauf, dass sie Eichen- oder Buchenholz verwenden der Stabilität wegen. Es sollte bei Einlegen des Holzes kein großes Spiel mehr sein zwischen Holz und Balkennuten, damit der Wickel nicht durchhängt oder gar rausfallen könnte - alte Häuser sind nicht starr und bewegen sich zuweilen.

Schritt 2:

Nun muss der Lehm zubereitet werden. Alten Lehm muss man zunächst wässern, also weichen oder einsumpfen. Dazu geben sie in einen Bottich ausreichend Lehm hinein, schütten dann nicht mehr Wasser wie Lehm hinzu. Der Lehm muss nun das Wasser aufsaugen und wird dann weich. Wollen sie den Lehm traditionell stampfen oder eben einsumpfen, dann machen sie nicht mehr wie eine Handlänge tief den Lehm in Ihren Bottich. Sonst wird es zu anstrengend, ihn zu durchkneten oder mit der Faust zu stampfen. Wir haben uns eines Quirls bedient, da unser Lehm auch gering durchsetzt war mit Stroh und Heu. Das geht deutlich einfacher und schneller. Bei viel Heu und Stroh setzt er sich aber auch recht schnell zu und muss immer wieder gereinigt werden. Jetzt können sie zum ersten Mal die Konsistenz ihres Lehms prüfen. Gut ist der Lehm, wenn er auf der Kelle „steht“. Das meint im Prinzip, dass der Lehm sich gut aus der Masse im Bottich löst und dabei seine Form behält, dann aber nur sehr langsam von der Kelle rutscht oder gleitet bei Schräglage (45 Grad). Er ist also klebrig und formbar und dennoch formstabil, sobald er ruht. In dieser Zusammensetzung werden sie auch die wenigsten Trocknungsrisse erwarten dürfen.

Schritt 3:

Zur Verarbeitung brauchen sie eine glatte Oberfläche mit geringer Haftung. Wir haben einen Tisch mit Kunststoffoberfläche benutzt und waren damit gut bedient. Achten sie dabei auf dessen Länge! Ein Lehmwickel braucht schon bis zu 2,5-3,0 m Arbeitsfläche. 2 aneinander gestellte Tische waren auch bei uns im Einsatz, nachdem wir in unseren Versuchen erst zu kurze Wickel produziert hatten. Ein Wickel mit der Einbaubreite von durchschnittlichen 60 cm braucht zwischen 9 und 10 Umdrehungen, welche jeweils zwischen 25-30 cm lang sind. Vor jedem neuen Wickel nässen sie den Tisch, damit der Lehm nicht haften bleibt an dessen Oberfläche. Sehr wichtig!

Schritt 4:

Ab hier kommt reine Handarbeit- und das ist bitte genau so wörtlich zu nehmen! Aus eigener Erfahrung heraus kann ich nur empfehlen, die blanken Hände zu nehmen und Handschuhe zu meiden. Es tut nicht weh, die Hände werden nicht spröde, Lehm gilt als Heilerde und das merken sie tatsächlich. Lehm sollten sie fühlen, um zu verstehen, ob das was sie tun, auch wirklich zum gewünschten Ziel führt. Später lesen sie noch mehr dazu...

Der Lehm aus dem Bottich, der noch gute 15 Minuten geruht haben sollte nach seiner Fertigstellung, wird nun auf dem Tisch als ein rund 2 cm dicker Streifen mit gut 15-18 cm Breite und wie oben beschrieben bis 3,00 m Länge aufgetragen. Verstreichen sie ihn mit angefeuchteten Händen zu einem geglätteten Band.

Schritt 5:

Nun kommt das Heu zum Einsatz. Das Heu ist wichtig für den Zusammenhalt des Wickels und muss nachher mit um den Wickel gedreht werden. Deswegen sortieren sie alle zu festen Halme oder Stängel heraus. Greifen sie also einfach mit der Hand in ihr Heu, dann zupfen sie die falschen Halme raus. Das Heu in Ihrer Hand braucht eine Richtung. Dazu ziehen sie falsch liegenden Halme heraus und legen diese erneut dazu in einheitlicher Ausrichtung. Das klingt nach einer Sisyphus-Arbeit, ist es aber nicht. Meist sind es nur wenige Handgriffe, die nötig sind. Das nun ausgerichtete Heu sollte immer noch mindestens 20-30 Halme umfassen. Dafür bekommen sie aber mit der Zeit ein Gefühl und zählen nicht mehr- man sieht dann, was man in der Hand hält. Diese Gräser sollen nun ja die Armierung der Masse werden und müssen dazu überlagernd in den Wickel eingebaut werden. Nur so wirkt die Armierung endlos. Dazu nehmen wir die Gräser nun in beiden Hände, die sich nebeneinander mittig zum Heu befinden und dieses umfassen. Jetzt ziehen sie das Heu auseinander, ohne es zu trennen. In der Mitte überlappt sich das Heu also noch mindestens 15 cm. Üben sie ruhig ein paar mal, es ist uns auch nicht direkt gelungen....

Wenn nun das Heu gut auseinander gezogen ist, platzieren sie es am Beginn Ihres Wickels mittig und nicht breiter liegend als 5 cm. Das wiederholen sie nun bis Ende des Wickels und achten dabei darauf, dass sich die Heuenden immer ausreichend überlappen. Wenn Ihnen zu wenig Heu aufliegen sollte, fügen sie noch einzelne Halme hinzu, das geht immer.

Schritt 6:

Auf das Band mit dem Heustreifen kommt nun eine Deckschicht aus Lehm, die gleich sein soll wie die erste Schicht. Achten sie darauf, dass sich das Heu dabei nicht verschiebt. Nach Verstreichen dieser 2. Lehmschicht nehmen sie rechts wie links den überschüssigen Lehm weg und geben ihn zurück in den Bottich. Überschüssig ist aller Lehm, bis sie das Heu erreichen. Damit ist der Streifen also noch um die 5-6 cm breit.

Schritt 7:

Kräftige Hände sind jetzt gefragt. Der Lehmstreifen muss nun gut durchgeknetet werden, damit sich Lehm und Heu gut verbinden- sprich der Lehm muss am Heu anhaften. Achten sie darauf, den Lehm nicht restlos rauszukneten! Hier müssen sie den Lehm anfangen zu fühlen. Er drückt durch ihre Finger und sie merken dann auch bald, wann er genug Anhaftung hat, wann der überschüssige Lehm raus geknetet ist oder ob sie noch mehr Lehm zum kneten brauchen. Entwickeln müssen sie hier ein Gefühl dafür, wann das Verhältnis von Lehm und Heu stimmig ist für die Aufwicklung. Ich möchte es mal versuchen zu beschreiben: Das Heu ist fühlbar an den Handflächen, der Lehm ist fester, da im Heu eingebunden und nicht mehr ohne weiches Kneten heraus zu bewegen, meine (Männer-)Hand umgreift den Wickel jetzt gut. Der Wickel ist stabil und fällt nicht auseinander.

Schritt 8:

Die Königsdisziplin - das Wickeln selbst. Ich beschreibe diesen Arbeitsgang als Rechtshänder - Linkshänder mögen bitte genau umgekehrt verfahren. Ihr Holz ist trocken und sie legen es nun mit der linken Seite ca. 15cm hinter dem Beginn des Wickels auf. Dabei steht das angespitzte Ende mit 2 cm über. Das Holz muss mit einem ungefähren Winkel von 15 Grad zu ihnen geneigt sein. Der Winkel ist Übungssache und abhängig von der Wickelstärke. Probieren sie hier ihren eigenen Winkel vorher aus. Er muss so gewählt sein, dass nach einer Umdrehung der Wickel ganz dicht neben der vorherigen Wicklung gerollt wird. Begonnen wird damit, dass sie nun das Ende des Wickels mit der linken Hand aufnehmen, während sie rechts das Holz halten. Legen sie nun das 15 cm lange Ende um das Holz herum und klemmen sie es unter dem Holz zwischen dasselbe und den Wickel ein. Nun sollte das Ende fest sein und sie beginnen den Aufwickelprozess. Während sie also mit der rechten Hand das Holz langsam drehen und den Wickel zart, dafür ständig, auf Spannung halten. Heben sie mit der linken Hand den Wickel vom Tisch ab und führen ihn am Holz hoch, während Sie das Holz drehen. Wenn dieser über dem höchsten Punkt ist, hält er von alleine, da dann die Spannung den Wickel sichert. Das Abheben des Wickels vom Tisch müssen sie aber wahrnehmen, sonst geht ihnen zu viel wichtiger Lehm verloren, der ja die Dicke des Wickels entscheidend bestimmt. Wickeln sie alles in einem Arbeitsgang durch auf. Sollte am Ende noch bestenfalls Wickel übrig sein, so ziehen sie ihn einfach ab. Lassen sie dabei auch hier wieder gute 15 cm über, die dann seitlich am Wickel aufgestrichen werden, damit sie Halt haben und sich nicht mehr lösen. Dazu die Hände besser anfeuchten.

Der Wickel ist nun fast fertig, aber er ist noch recht rau. Stellenweise fehlt auch schon mal der Lehm, da er doch abgefallen ist. Nässen sie nochmals den Tisch, legen sie nun den Wickel darauf ab, und drehen sie ihn auf dem Wasserfilm. Er wird sich daraufhin glätten. Auch können sie jetzt grobe Ausbrüche nochmals auffüllen und mit verrollen. Dieser Vorgang darf aber auch nicht übertrieben werden, sonst fällt der Wickel auseinander. Ich habe meist nicht mehr wie 1-2 mal gedreht. Danach sollte der Wickel direkt eingebaut werden.

Schritt 9:

Der Einbau: Stellen sie sich Leiter und Gerüst zurecht, so dass sie gut an den Einbauort kommen. Der Lehmwickel hat jetzt gut 15 kg Gewicht und sie haben beide Hände im Einsatz bis zum fertigen Einbau. Nehmen sie nun den Wickel in beide Hände, wobei sie diesen nur an den Spitzen des Holzes anfassen dürfen. Heben sie den Wickel auch nicht einfach vom Tisch hoch, sondern ziehen sie ihn seitlich ab und heben ihn dann an. So vermeiden sie Lehmabrisse am Wickel. Am Einbauort angekommen, führen sie ihn zunächst auf der linken Seite in die Nut des Deckenbalkens ein. Dabei achten sie auch darauf, dass sich der gesamte Wickel schon in der Einbauhöhe, also annähernd waagerecht und direkt an dem vorherigen Wickel befindet. Nun haben sie die linke Hand frei und führen den rechten Teil des Wickels in die rechte Balkennut ein, während sie ihn nach vorne schieben. Abschließend mit leichten Druck auf beide Holzspitzen des Wickels diesen an den vorhergehenden pressen und somit alle Lücken dazwischen schließen.

Schritt 10:

Verschließen sie nun noch die Enden des Wickels am Balken mit frischem Lehm, damit der Wickel am Balken fixiert ist und der Lehm in Kontakt mit dem Balken kommt. Nur so kann der Lehm den Balken später wirksam vor Feuchte schützen, da er sie direkt aus dem Holz übernimmt, quasi aufsaugt aufgrund besserer Speicherfähigkeiten und höherem Diffusionsgrad. Auch sind fehlende Spalte wichtig für die Dichtigkeit der Decke im Bezug auf Rieseln der Schüttung oder eindringende Insekten. Ist ihr Wickel über ein bis zwei Wochen einigermaßen aufgetrocknet, können sie auf ihm weiter arbeiten und mit Lehm füllen und glätten. Lassen sie dabei immer Zeit vergehen, damit der Lehm abtrocknen kann und dabei alle möglichen Risse vorher ausgebildet hat.


Ich wünsche Ihnen nun viel Erfolg beim Nachbau!

Fertigung Lehmwickel

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